Auftanken für Angehörige

Vorsorge- und Reha-Maßnahmen helfen Pflegenden gesund zu bleiben

Datum: 09.03.2023 / Ressort: Versorgung

Margarete Müller* ist erschöpft. Im November 2019 hatte ihr Mann einen Schlaganfall. Drei Monate später kam er nach Krankenhaus und Rehabilitationsmaßnahme zurück nach Hause und ist seitdem ein Anderer. Das Obergeschoss des Einfamilienhauses haben die Müllers barrierefrei umgebaut. Den Großteil seiner Zeit verbringt Richard dennoch nicht im Rollstuhl, sondern im Pflegebett. Margarete kümmert sich um ihn und hat deshalb auch ihre Arbeitszeit reduziert. Dreimal am Tag hilft ein Pflegedienst für ein paar Minuten. Für die 59-Jährige bleibt genug zu tun. Seit zweieinhalb Jahren ist sie von früh bis spät „unter Strom“. Nachts schläft sie schlecht. Steht oft auf, weil Richard etwas braucht oder Schmerzen hat. Pflegende Angehörige wie Margarete Müller haben schon seit der Einführung des Pflege-Neuausrichtungsgesetzes 2012 einen gesetzlichen Anspruch auf spezielle Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen – allerdings nur einmal alle vier Jahre. Bei der AOK Baden-Württemberg können sie alle zwei Jahre eine dreiwöchige Maßnahme in Anspruch nehmen. „Wir haben festgestellt, dass es hier eine Versorgungslücke gibt, und bieten unseren Versicherten daher die Möglichkeit zur vorzeitigen Wiederholung der Maßnahme“, sagt Kathrin Schwenk, Spezialistin für Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen bei der AOK. Denn Pflegende müssten oft Beruf, Familie und Pflege unter einen Hut bringen, was für viele eine enorme Belastung sei

Eine Befragung der AOK vom Januar 2020 zeigt, dass schon vor der Pandemie knapp die Hälfte der Pflegepersonen die eigene Lage als mittelmäßig belastend einschätzt. Jede vierte Person, die einen Angehörigen pflegt, steht zeitlich und psychisch am Rande der Kräfte. „Für die Pflegenden ist die Vorsorge- und Reha-Maßnahme eine Art Auszeit. Die Kombination aus rehabilitativen Elementen, Bewegungs- und Entspannungseinheiten und besonderem Therapieangebot für berufstätige Pflegende soll helfen, die Gesundheit und Erwerbsfähigkeit der Versicherten zu stabilisieren“, so Schwenk. Wichtiges Element ist der Austausch mit anderen Pflegenden. Hieraus ergeben sich oft gute Tipps für den Alltag. Aber auch die Informationen und Beratung über das breite Spektrum an Möglichkeiten und Angeboten im Bereich Pflege können das Leben nach der Reha leichter machen. Margarete Müller sorgt sich, wer sich um ihren Mann kümmern wird, wenn sie eine Reha-Maßnahme besucht. In dieser Frage wird sie bei der Organisation unterstützt. Der Pflegebedürftige kann beispielsweise in einer Einrichtung zur Kurzzeitpflege am Wohnort oder am Ort der Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtung untergebracht werden. Zudem besteht die Möglichkeit, den Pflegebedürftigen in dieselbe Einrichtung mit aufzunehmen. „Besonders Eheleute entscheiden sich für diese Variante“, weiß Kathrin Schwenk. Die Kranken- und die Pflegekassen koordinieren das Vorgehen untereinander. Der Pflegebedürftige wird so von Fachkräften gut versorgt. Und der Angehörige kann sich auf sein eigenes Wohl konzentrieren.

Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht im #AgendaGesundheit Magazin. Den Link zur aktuellen Ausgabe finden Sie im Anhang dieser Seite.