Den Weg frei machen
„Modellkommunen Pflege“ erproben ganzheitliche Beratungsstrukturen aus einer Hand
Datum: 25.10.2022 / Ressort: Versorgung
Wer einmal mit der Situation der Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen konfrontiert war, kennt das Gefühl der Überforderung. Viele Fragen müssen bei verschiedenen Institutionen geklärt werden. Mit dem Konzept der„Modellkommune Pflege“ will der Gesetzgeber unterstützen. „Die Idee ist, alle Beratungsleistungen außerhalb der Pflegeversicherung mit den Beratungsansprüchen der Pflegeversicherung zu bündeln, um es für die Pflegebedürftigen einfacher zu machen. Es geht um eine ganzheitliche Beratung aus einer Hand“, sagt Angela Postel, die im Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration das für Pflege zuständige Referat leitet. Beratung zu den gesetzlichen Leistungen der Pflegeversicherung gibt es bei den Pflegekassen. Für Fragen, die darüber hinausgehen, sind zudem die Pflegestützpunkte eine wichtige Anlaufstelle.
Im Südwesten gibt es aktuell 44 Pflegestützpunkte, die seit 2018 in Baden-Württemberg nach einem besonderen Modell von Kommunen und Pflegekassen gemeinsam finanziert werden. Schon 2016 hatte der Gesetzgeber vorgegeben, dass die Beratung in „Modellkommunen Pflege“ modellhaft ermöglicht werden soll. Die rechtliche Gemengelage, die Umsetzung und die Finanzierung sind komplex, und so haben sich bundesweit nur drei Kommunen – allesamt aus Baden-Württemberg – mit ausgeklügelten Konzepten beworben und sind „Modellkommune Pflege“ geworden: die Landkreise Tuttlingen, Karlsruhe und Ludwigsburg. Eine Arbeitsgruppe wurde gegründet, zu der neben den drei Landkreisen auch das Sozialministerium, der Landkreistag und als federführende Pflegekasse die AOK gehören.
Zur Umsetzung haben die Landkreise zusammen mit den Pflegekassen Modellbudgets ermittelt und Vorschläge zu möglichen Fortschreibungsszenarien innerhalb der Projektlaufzeit erarbeitet. Aktuell größtes Manko: „Jetzt warten wir seit Monaten auf die Finanzierungszusage, stehen deswegen im ständigen Austausch mit dem Bundesministerium für Gesundheit, dem GKV-Spitzenverband, den Kommunalen Landesverbänden und den Landesverbänden der Pflegekassen“, so Postel. Strittig sei vor allem das Budget für das Personal, das das besondere Case-Management, also die individuelle Begleitung der Betroffenen in den Kommunen, übernehmen soll. „Die Chance, wenigstens in Baden-Württemberg drei Modellkommunen Pflege zu etablieren, darf jetzt nicht vertan werden!“ Entscheidend ist, dass es auf politischer Ebene ein gemeinsames Verständnis für das Konzept der „Modellkommune Pflege“ gibt und Kommunen und Pflegekassen nicht gegeneinander ausgespielt werden – sondern so zusammenwirken können, wie sie es im Südwesten unter Beweis stellen. „Wir setzen uns mit allen Kräften beim Bund dafür ein, dass unsere Modellkommunen nun auf den Weg gebracht werden können. Unabhängig davon wollen wir die Mitgestaltungsrechte der Kommunen insgesamt stärken“, sagt Postel. Nur so können aus guten Konzepten eine gute Beratung und eine gute Versorgung werden.
Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht im #AgendaGesundheit Magazin. Den Link zur aktuellen Ausgabe finden Sie im Anhang dieser Seite.