Neue Hilfs- und Beratungsangebote am Gesundheitskiosk

Guter Ansatz – mit Luft nach oben

Datum: 20.03.2023 / Ressort: Versorgung

Deutschlandweit sollen mit Gesundheitskioske neue Hilfs- und Beratungsangebote in sozial benachteiligten Regionen entstehen, dieses neue Projekt im Gesundheitswesen stellte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in Hamburg mit den Eckpunkten vor: Langfristig sollen bundesweit 1.000 Gesundheitskioske errichtet werden – und zwar eine Einrichtung pro 80.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Hauptaufgabe soll es sein, den Zugang zur medizinischen Versorgung von Patientinnen und Patienten mit besonderem Unterstützungsbedarf zu verbessern und deren Versorgung zu koordinieren.

Die Grundidee der Gesundheitskioske klingt zunächst überzeugend. Doch nicht nur in sozioökonomisch benachteiligten Regionen finden Bürgerinnen und Bürger häufig schwer Zugang zu den Hilfsangeboten des Gesundheitsund Sozialwesens. Und schaut man sich das Vorhaben genauer an, kommen viele Fragen auf. Die AOK-Gemeinschaft sieht insbesondere die Finanzierung problematisch: Die gesetzlichen Krankenkassen sollen rund 74,5 Prozent der Kosten übernehmen. Die Kommunen sollen das Initiativrecht haben und mindestens 20 Prozent beisteuern. „Angesichts der prekären Finanzlage ist das nicht machbar“, sagt Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes. Mindestens die Hälfte der benötigten Mittel sollten von der öffentlichen Hand aufgebracht werden. Die AOK fordert auch ein Nachschärfen, was die Leistungsinhalte angeht: Grundsätzlich sei es nicht zielführend, Gesundheitskioske so eng an die Primärversorgung anzubinden. Medizinische Routineaufgaben wie Blutdruckmessen sollten – entgegen Lauterbachs Plänen – nicht im Vordergrund stehen. Hierdurch würden die Versorgung weiter zersplittert und Doppelstrukturen verfestigt.

„Allgemein ist die Frage, warum es neue Einrichtungen braucht, statt vorhandene Strukturen zu nutzen“, gibt Karin Gaiser zu Bedenken. Die Expertin vertritt die AOK Baden-Württemberg in einer bundesweiten Arbeitsgruppe, die sich mit niedrigschwelligen Beratungsangeboten befasst und ein entsprechendes Eckpunktepapier mit konstruktiven Vorschlägen erarbeitet hat. „Wir sollten einen Blick auf die existierenden Angebote und bestehenden Aufgaben werfen und überlegen, worauf wir aufbauen können“, so Gaiser. „Denkbar wäre etwa eine Erweiterung der Pflegestützpunkte.“ Um tragfähige Lösungen zu finden, die den Bedarfen entsprechen, braucht es regionale Lösungen, die zu den Kommunen und den Strukturen vor Ort passen. „Als regional verankerte Kasse stehen wir als Gesprächspartner zur Verfügung und sind gespannt, was im angekündigten Referentenentwurf stehen wird. Die Position der AOK-Gemeinschaft ist in Berlin bekannt“, so Karin Gaiser.

Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht im #AgendaGesundheit Magazin. Den Link zur aktuellen Ausgabe finden Sie im Anhang dieser Seite.