Zeit für eine Neujustierung
Versicherte haben oft Probleme Ansprüche bei Behandlungsfehlern durchzusetzen
Datum: 26.04.2022 / Ressort: Versorgung
Eigentlich soll es Patientinnen und Patienten nach einer medizinischen Behandlung besser gehen. Im Idealfall können sie geheilt werden. Bleibt beides aus, kann das an einem Behandlungsfehler oder einem fehlerhaften Medizinprodukt liegen. Die AOK Baden-Württemberg hilft ihren Versicherten seit fast 20 Jahren bei vermuteten Behandlungsfehlern. Allein 2020 sind bei der Gesundheitskasse etwa 1.200 Verdachtsfälle aufgelaufen. In 26 Prozent dieser Fälle – genau 318 – hat sich der Verdacht erhärtet. Wenn zu den gesundheitlichen Sorgen auch noch die Belastung durch einen Rechtsstreit kommt, fühlen sich die meisten Menschen zu Recht überfordert. Zumal sie in vielen Fällen nach wie vor Probleme bei der Durchsetzung ihrer Rechte haben.
Die AOK-Gemeinschaft hat deshalb ein Update zum 2019 veröffentlichten Positionspapier zur Stärkung der Patientenrechte vorgelegt, in dem sie konkrete Vorschläge zur Verbesserung der derzeitigen Situation macht. „Die Erfahrungen aus unserer Arbeit zeigen deutlich, dass Nachbesserungen zur leichteren Beweisführung bei vermuteten Behandlungs- und Pflegefehlern und bei der Verkürzung der Verfahren absolut notwendig sind“, sagt AOK-Expertin Ana-Marija Jurkic. Um die Situation für die Betroffenen zu verbessern, fordert die AOK etwa eine Beweiserleichterung: Grundsätzlich ist für die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen unter anderem zu beweisen, dass mit einer weit überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Behandlungsfehler den Schaden verursacht hat. Deshalb schrecken viele Menschen davor zurück, ihre Ansprüche geltend zu machen oder gar vor Gericht einzuklagen. „Damit sie ihre berechtigten Schadensersatzansprüche durchsetzen können, muss diese juristische Schwelle abgesenkt werden“, fordert Volljuristin Christine Schneider. Darüber hinaus fordert die AOK Sanktionen für Leistungserbringer, die Patientinnen und Patienten die Einsicht in ihre Behandlungsakte grundlos verweigern, und dass Patienten von den – oft hohen – Kosten für Kopien von Behandlungsunterlagen aus der Akte entlastet werden. Oft entscheidet sich erst im Beratungsgespräch, ob es sich um einen möglichen Behandlungsfehler oder einen Medizinproduktschaden handelt. Zur Klarstellung spricht sich die AOK deshalb dafür aus, dass die Unterstützung der Versicherten bei Medizinproduktschäden als Aufgabe der Krankenkassen in den Paragraf 66 SGB V aufgenommen wird. „Angesichts der steigenden Zahl von Schäden durch fehlerhafte Medizinprodukte muss es auch in diesem Bereich einen gesetzlich verbrieften Anspruch auf Unterstützung durch die Krankenkassen geben“, so Schneider.
Zum AOK-Positionspapier Patientenrechte 2021: Stärkung der Patientenrechte
Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht im #AgendaGesundheit Magazin. Den Link zur aktuellen Ausgabe finden Sie im Anhang dieser Seite.